WWE Title "Spinner"-Belt

Nennt mich „altmodisch“ – nennt mich „unflexibel“. Von mir aus nennt mich „neurotisch“. Aber ich hasse, und damit meine ich das Wort „Hass“ in seiner ursprünglichsten Form – ich hasse den durch John Cena eingeführten WWE Championship Belt. Ich verabscheue die Tatsache, dass dieses Glitzerteil die größte Krone dessen darstellt, was ich so verehre. Und ganz besonders, dass dieser Tatbestand über die Regentschaft des John Cena hinaus geht.

Das Ganze begann an sich ja ganz normal. Bei WrestleMania XX bezwang John Cena den amtierenden US Champ Big Show und übernahm dessen Gürtel. Selbst dieses Stück war bereits eine Beleidigung für die Augen eines jeden Wrestlingfans, der das opulente Stück noch aus seinen WCW-Tagen kannte. Okay, ich war nie Fan der WCW. Ich war sogar weit davon entfernt. Eigentlich sogar so weit, dass ich der WCW zu meiner Mark-Zeit einen eigenen Eintrag in dieser Rubrik hätte verpassen können – aber ich muss zugeben, dass das Gürteldesign des United States Heavyweight Titles wirklich schön war. Aus diesem Schmuckstück machte WWE einen Kaugummi-Gürtel, der nicht im Ansatz an die Klasse des Originals heran kam und vermutlich aus den Überresten des eingestampften und ebenfalls spielzeugfarbenen WWE European Titles gegossen wurde. Diesen Gürtel besaß John Cena nun also und entschied kurz darauf, das gute Stück ein wenig passend zu seinem Hip-Hop-Bad-Bad-Man-Gimmick zu pimpen. „Pimpen“ – das war damals sowieso das Stichwort, denn nach dem Erfolg der MTV Show „Pimp my Ride“ begann man weltweit, alles und jeden „pimpen“ zu wollen, dass noch nicht pimpig genug aussah. John Cena pimpte also den US Title und machte aus einem Spielzeuggürtel einen – etwas cooleren Spielzeuggürtel, denn seine Version hatte eine drehbare Scheibe als Aufsatz. Uuuhhh... Die Fans fanden es geil, so wie eigentlich alles an John Cena damals, was letztlich auch dazu führte, dass er weiter und weiter unaufhaltsam gepusht wurde und schließlich unmittelbar vor dem Push in den Main Event stand. Carlito entledigte Cena des überflüssig gewordenen US Titles und der Doctor of Thuganomics zerstörte die großartige Titelregentschaft des JBL glanzlos in weniger als 10 Minuten bei der darauffolgenden WrestleMania.

Dieser Tag ist der schwarze Tag, auch wenn es damals wahrscheinlich noch niemandem bewusst war. Kurz darauf präsentierte der neue Champ nämlich die konsequente Weiterentwicklung seiner Gimmickmaterialisierung in Form des berühmten Spinner-Belts. Ich liebe diesen – offiziellen – Ausdruck für den Gürtel, da er in der deutschen Sprache seine eigentliche Bedeutung erst richtig entfaltet. Der WWE Title drehte sich nun und nach bekannten Präzedenz-Fällen wie dem „Smoking Skull Belt“ von Steve Austin oder dem „Texas Hardcore Belt“ des späteren JBL vergönnte man John Cena dieses Statussymbol des eigenen Gürteldesigns noch in keinster Weise. Cena trug den Gürtel mit Würde und wurde anfangs auch absolut von den Fans getragen. Eine andere Geschichte erzählt von der Tatsache, dass sich dieser Umstand mit der Zeit änderte. Aber wie gesagt – das ist eine andere Geschichte. Wichtig ist erst wieder der Moment, in dem der Champ seinen Gürtel erstmals per Money in The Bank Koffer verlor. An Edge, in den wohl großartigsten zehn Minuten des 2006er WWE-TV. Zu aller Überraschung tauschte der Rated R Superstar den Gürtel aber nicht in die zuletzt von JBL getragene Version um, sondern rannte wie Schöpfer John Cena mit dem Spinner-Belt durch die Gegend. Motivation absolut unklar. Drei Wochen später war der Gürtel wieder bei Vatti und ich interpretierte in die Motivation hinein, dass man für diese paar Tage nicht extra ins Archiv gehen wollte, um den coolen Original-Gürtel zurückzuholen. War also noch okay für mich.

Cena ging  weiterhin seiner Lieblingsbeschäftigung nach und zerstörte einen talentierteren Mann nach dem anderen, bis die Fans an einem Tage per Plakat androhten zu rebellieren, sollte er seinen Titel bei einem ganz speziellen PPV verteidigen. Wie man es von Vince McMahon gewohnt war, erhörte er die Fans und ließ den WWE Title im Hammerstein Ballroom zu RVD wechseln – wieder war es eine Kombination aus Koffer und Edge, die Schuld war. Fortan rannte Rob Van Dam mit dem Spinner Belt durch die Gegend. Das war aber irgendwie total nebensächlich, schließlich war viel interessanter, dass Van Dam gleichzeitig den wieder eingeführten ECW World Title trug. Die Tatsache der Fortführung des Skandals rund um das rotierende „W“ schockte also nicht wirklich. Es war ja auch dieses Mal keine neue Epoche angebrochen, denn nach kurzer Zeit lösten sich beide Titel für RVD wieder in Rauch auf (entschuldigt das plumpe Wortspiel) und Edge sprang todesmutig in die Bresche. Eigentlich bot sich damit der perfekte Zeitpunkt, um den schönen Gürtel zurückzuholen. Was man tat, ist klar – denn wenn man dies tatsächlich umgesetzt hätte, müsste ich hier heute nicht sitzen und mich aufregen.

Edge’s Regentschaft hielt ein wenig länger an als seine erste und nur zwei Tatsachen machten die fortdauernde Anwesenheit des Spinner-Belts noch länger erträglich:
1.       Edge tauschte das „W“-Inlay in ein „R“ Inlay und passte es damit seinem „Rated R Superstar“-Gimmick an .
2.       Er erntete mit seiner „Look, it spins“-Promo einen echten Lacher.
Zwei Gründe, die es – ich sag es nochmal – „erträglich“ machten, nicht „gut“. John Cena wurde dann aber wieder schnell begleitet vom uneingeschränkten Zuspruch der Fangemeinde wieder Champion und die Zeit war vorbei, in der man sich über Sinn oder Unsinn der Spinner-Belt-Weiterführung den Kopf zerbrechen musste. Zeitraffer – es verging ein Jahr…

John Cena, geliebter Held der Massen, ist nun schon über ein Jahr WWE Champion und hat in dieser Zeit weiter talentiertere Männer vorgeführt. Er wurde besser – aber auch das ist wieder eine andere Geschichte. Wichtig ist der Punkt, an dem er in einer Fehde mit Randy Orton stand und sich am Arm weh tat. Acht Monate Pause, Titel vakant und ein Raunen, dass durch die Ränge der Fangemeinte zog. No Mercy sollte eigentlich von Cena’s Titelkampf gegen besagten Randy Orton geheadlined werden, nun waren es nach ein wenig Durcheinander aber Orton und Triple H, die das Gold unter sich aus machten. Der erste Schock war die Präsentation des neuen Champions zu Beginn der Show. Nicht weil McMahon das Gold kampflos an den Legendentöter übergab, sondern weil er sich wieder mal nicht ins Archiv bequemte und Orton diesen Spinner-Scheiß überreichte, der sich zugegebener Weise nicht mehr drehte, aber immer noch genauso Banane aussah wie vorher. Orton gab das Teil an Triple H, der verteidigte es gegen Umaga und verlor es letztlich wieder an Randy. Das war auf der einen Seite toll gemacht, aber bei jeder spannenden Entscheidung biss sich immer wieder dieses Bild von diesem verdammten Gürtel in meine Iris. Endlich hatte man Randy Orton, den zweifelsohne großartigsten Heel dieser Zeit, wieder an der Spitze der Unternehmung – und man ließ ihn mit diesem sperrigen diamantenbesetzten Etwas durch die Gegend marschieren. Jeglicher Glanz, jedwede Historie und Bedeutung des Gürtels ging in dem Moment verloren, als man das Drehrad festschraubte und an Orton überreichte. Denn dieses war der Schritt, an dem man John Cena’s Gimmick mit dem wichtigsten Preis im professionellen Wrestling verschmolz und damit die gesamte Legende des Sports mit Füßen trat. Der Spinner-Belt war nun kein temporärer Sidekick eines einzelnen Mannes mehr, sondern ein mutmaßlich etabliertes Artefakt in der WWE-Gesellschaft.

Ich hasse dieses Teil. Ich hasse, und damit meine ich das Wort „Hass“ in seiner ursprünglichsten Form – ich hasse diesen verfluchten Spinner-Belt. Und ich bekomme Hasspickel bei dem Gedanken daran, dass großartige Sportler und Legenden der Zukunft wie Shawn Michaels, Chris Jericho oder Triple H eines Tages mit der Erwartungshaltung ernst genommen zu werden, mit dem Spinner-Belt durch die Lande ziehen.